I. Zum Begriff
Musikalische Analyse dient der Aufdeckung und Vermittlung sinntragender Zusammenhänge innerhalb eines Musikstückes, zwischen mehreren Werken (auch unterschiedlicher Komponisten), innerhalb einer Gattung, eines Stils, einer Epoche oder über Gattungs-, Stil- und Epochengrenzen hinweg. Analyse ist nicht gekoppelt an regionale Bereiche, wenngleich viele Methoden der Analyse gebunden sind an eine stilistische Typologie, die eine Anwendung über das ursprüngliche Gebiet hinaus erschwert, wenn nicht gar unmöglich macht.
Grundlage analytischer Betrachtung sind form- und strukturanalytische Methoden. Inhaltsanalytische Arbeiten (s. Hermeneutik) sind bisher – trotz ebensolanger Tradition – weniger methodologisch gefestigt. Neuerdings werden den Phänomenen von Wirkungsgeschichte, Rezeptionsästhetik und deren Wechselspiel mit Kompositionstechnik und Kompositionsstilen besonderes Augenmerk gewidmet. Es werden darüber hinaus musikästhetische Grundkonzepte musikanalytischer Betrachtungsweise diskutiert und zu den Verstehensbegriffen der Musikanalyse Stellung bezogen.
Im Vordergrund steht zumeist der Zugang zum Kunstwerk, der im Beschreiben des musikalischen Materials, der Strukturelemente, sowie harmonischer und formaler Kriterien liegt, aber offen ist für eine Umsetzung rein phänomenologischer Grundlagen (Harmonielehre, Kontrapunkt, Formenlehre) in ein Verstehenskonzept, das die inhaltliche Seite, die Intention des Komponisten und die durch die Rezeptionshaltungen veränderte Auffassung über ein Kunstwerk einbezieht – das, was man allgemein als »Sinnzusammenhänge« einem Musikwerk zuschreiben kann....