A. Allgemeine EinführungI. Begriff und musikgeschichtliche VerwendungAnonymi (Unbenannte) heißen in der musikgeschichtlichen Forschung – wie in anderen Geisteswissenschaften – historisch beachtenswerte Autoren (von Kompositionen, Melodien oder Texten), zuweilen auch nur Quellen-Verfertiger (Kompilatoren, Kopisten, Notatoren oder Drucker), deren tatsächliche Namen nicht bekannt sind. Da das Forschungsinteresse an Werken und Quellen deren Urheber als ›Personen‹ einschließt, hat es sich als zweckmäßig erwiesen, die Tatsache anonymer Verfasserschaft zu vermerken (Anonymus) und erörternswerte Anonymi eigens zu ›benennen‹, meist in der Form ›Anonymus x‹, wobei x durch Zahl, Herkunftsvermerk, Textincipit oder Editorennamen ausgedrückt wird. Diese Benennungen beruhen auf bloßer Konvention, sind weder einheitlich noch konsequent, reichen aber oft weit in die Forschungsgeschichte zurück (bei den Anonymi aus GS 1 bis 1784) und fordern, lexikalisch erfaßt zu werden, sofern dies möglich erscheint. Erschließende Gesamtregister sind notwendig, liegen jedoch erst in Ansätzen und für eng begrenzte Bestände vor, z.B. für anonyme Liedsätze des 15./16. Jh. (nach Incipits geordnet in Das Tenorlied. Mehrstimmige Lieder in deutschen Quellen 1450-1580, hrsg. vom Deutschen musikgeschichtlichen Archiv Kassel und vom Staatlichen Institut Preußischer Kulturbesitz Berlin, Bd. 3, Kassel u.a. 1986, S. 30-49, = Catalogus musicus 11) oder für die an...