A. 17. Jahrhundert I. Phänomenbeschreibung Nach fast vier Jahrzehnten in vielfältiger Weise praktizierten Musiktheaters war die Idee der Aufführung dramatischer Werke in musikalisch durchkomponierter Gestalt in den 1630er Jahren ein praktisch vielerorts erprobtes und keineswegs mehr neues Phänomen. Die Eröffnung des ersten Opernhauses 1637 in Venedig erwies sich jedoch als ein Ereignis, das die weitere Entwicklung der Gattung sowohl in künstlerischer als auch organisatorischer Hinsicht tiefgreifend beeinflussen sollte. Die Oper venezianischer Prägung dominierte die Operngeschichte bis zum Ausgang des Jahrhunderts, sei es daß venezianische Opern in Text oder Musik das Repertoire der allerorts aufblühenden Opernpflege bestimmten, sei es, daß neue Opern nach venezianischem Modell geschrieben wurden. Zusammen mit dem venezianischen Typus des Dramma per musica verbreitet sich das mit ihm entstandene System der öffentlichen Oper. Die Modellhaftigkeit des venezianischen Dramma per musica, das von einer hohen Anpassungsfähigkeit und flexiblen Abstimmung seiner Komponenten geprägt ist, wirkt in vielfacher Weise selbst in jene Formen der Oper hinein, die in Venedig selbst nicht gepflegt werden, seien dies ältere fortlebende Traditionen oder lokale Sonderformen. Verhindert sie einerseits die Ausbildung scharf abgrenzbarer Gattungen, so begünstigt sie zum anderen eine Vielfalt von thematischen, dramaturgischen und...