I. OrtsbestimmungMusiksoziologie ist ein vergleichsweise junges Arbeitsgebiet der Musikwissenschaft. Eine umfassend akzeptierte Definition ihrer Zugänge und Methoden existiert derzeit nicht. Wachsender Konsens jedoch entsteht hinsichtlich ihrer Erkenntnisinteressen und Erkenntnisgegenstände. Drei große Themenkreise, schematisch gefaßt, markieren das Zentrum einschlägiger Forschungen (vgl. den Überblick bei C. Dahlhaus 1974; V. Karbusicky 1986a; I. Supičić 1987; K. P. Etzkorn 1989a; K. Blaukopf 1992): Fragen nach der Funktionalität von Musik, ihrer sozialen Strukturiertheit und ihrer Bedeutungsbildung.Unter funktionalem Aspekt zu sehen sind die sozialen Voraussetzungen und Umgebungsbedingungen der Musikübung: ihre Anlässe, Motive, Ziele, Wirkungen, ›Effekte‹; ihre Trägerschichten; der soziale Status der Musizierenden; der Einfluß von Machtinstanzen und gesellschaftlichen Institutionen; die Rückkoppelung zwischen Musik und verschiedensten anderen Sozialbereichen (Arbeitswelt, Politik, Bildungswesen, Wissenschaft usw.).Soziostrukturelle Aspekte ergeben sich, wo Musik selbst soziale Beziehungen aufbaut und reproduziert: in Interaktion und Kommunikation; deren institutioneller Verfestigung; in ökonomischen Abhängigkeiten zwischen Musikern und Hörern; in der Ausprägung von Spezialistentum und Professionalität.Über Bedeutungsaspekte erschließt sich die Verweiskraft, die Symbolkraft der Musik. Geltend macht sie sich vor allem in musikalischen Objektivationen, Werken: mit ihrer Gabe, Gleichnis, Abbild, Zeichen zu sein von und für gesellschaftliche Sachverhalte – oder aber dem Vorsatz,...