I. Zur Definition des PrinzipsBis hinein ins 5. Jahrhundert v.Chr. bezeichnete der Terminus Harmonie (ἁρμονία) die Ton- und die Zeitordnung (J. Lohmann 1970, S. 104). Erst seitdem trennt man die beiden Ordnungen. Harmonie nennt man die Ordnung der Töne, Rhythmus (ῥυθμός) die der Bewegung oder der Zeit. Grundlegend, wennschon nicht erschöpfend, ist die Definition Platons: Rhythmus ist die Ordnung der Bewegung (Nomoi 664e).Heute, am Ende des 20. Jahrhunderts, hat sich der Terminus Rhythmus (engl. rhythm, frz. rythme, ital. und span. ritmo) weit von seiner ursprünglichen Bedeutung entfernt. Das »System der musikalischen Rhythmik und Metrik« von Hugo Riemann (1903) hatte noch die ›klassische‹ Rhythmik zur Basis. Es modernisierte und differenzierte sie in einer Weise, die sie auf den hohen, durch Beethovens Musik geprägten Stand der musikalischen Kunstgeschichte heben sollte. Im Laufe des Jahrhunderts, entschieden nach der Jahrhundertmitte, kehrten die führenden Komponisten der Disziplin den Rücken. Es ist paradox, wenn auch erklärlich, dass das Wort Rhythmus den Bankrott des Systems überlebt hat (erklärlich damit, dass es schon im 19. Jahrhundert häufig mit der Vorstellung des Freien, Unregelmäßigen verbunden worden...