Das Wort Belcanto (ital. »schöner Gesang«) gehört zu jenen viel­gebrauchten Begriffen, deren ursprüngliche Bedeutung im Lauf der Zeit verblaßten. Bezeichnete man mit Belcanto zunächst den spezifisch ital. Gesangs- und Kompositionsstil des 18. und frühen 19. Jh., so wird der Begriff seit der zweiten Hälfte des 19. Jh. oft verallgemeinernd mit verschiedenartigsten Gesangsstilen italienischer Prägung in Verbindung gebracht. In der Blütezeit des Belcanto war der Begriff selbst als inhaltlich klar umrissener Terminus nicht geläufig. War von bel canto die Rede, so meinte dies lediglich »schöner Gesang« ohne Bezug auf ein bestimmtes, gesangstechnische, kompositorische und ästhetische Aspekte umfassendes Konzept kunstvollen Singens. In diesem Sinn erscheint der Terminus offenbar erstmals in den 1820er Jahren in einem von G. Pacini entworfenen Studienprogramm für Gesangsstudenten in Lucca (Durante 1990, S. 398). Der Begriff gewann somit erst schärfere inhaltliche Konturen, als das, was mit ihm bezeichnet wurde, allmählich durch ein neues Gesangsideal verdrängt wurde. Nach einem Bericht von Edmond Michotte entfuhr G. Rossini bei einer Abendgesellschaft im Jahr 1858 der Stoßseufzer »Ahi noi! perduto il bel canto della patria!« (E. Michotte, Souvenirs: Une Soirée à Beau-Sejour (Passy) 1858, Brüssel o.J.; zit. nach der engl....