vor *1460? in der Pikardie, †nach 1507, frankoflämischer Komponist und Sänger. Die Herkunft Ghiselins ergibt sich aus dem Zusatz »da Piccardia« in einer Gehaltsliste der Florentiner Kathedralkapelle. Möglicherweise bezieht sich der weitere Name »Verbonnet«, den er gelegentlich seinem eigentlichen Namen hinzufügte und unter dem eine Reihe seiner Kompositionen überliefert ist, auf seinen Geburtsort, der sich jedoch bislang nicht identifizieren ließ. Anders als viele zeitgenössische Komponisten scheint Ghiselin kein Kleriker gewesen zu sein, was mit dafür verantwortlich ist, daß die Informationen zu seiner Biographie spärlich sind. Daß Ghiselin zum Schülerkreis von Joh. Ockeghem gehört haben könnte, wurde aufgrund seiner Nennung in G. Crétins Déploration für Ockeghem vermutet. Ebenfalls nur spekulieren läßt sich über eine mögliche Zugehörigkeit des Komponisten zur burgundischen Hofkapelle während der Regierungszeit Karls des Kühnen (1467–1477), worauf eine Komposition hindeuten könnte, die in I-Rcas 2856 die Devise des Herzogs »Je l’ay empris« zum Titel hat und auch als »Christe« in der Missa »De les armes« auftaucht (Kl. Hortschansky 1986). Die frühesten dokumentarischen Belege stammen aus dem Jahr 1491 und weisen ihn als Mitglied der Ferrareser Hofkapelle von...