I. Allgemeine Beschreibung und verwandte SatzformenFauxbourdon (faux bourdon, faulx bourdon u.v.a.) bezeichnet einen Kanon-Satztyp des 15. Jh., der seit Ende der 1420er Jahre belegt ist. In seiner verbreiteten Gestalt wird er auch später gelegentlich auf­gegriffen oder auch nur nachgeahmt; er ist aber seinerseits Entwicklungen und Veränderungen seiner Zeit unterworfen und hat an ihnen Anteil.Als Fauxbourdonsätze im strengen und ursprünglichen Sinne haben zunächst ausschließlich dreistimmige, niedergelegte Kompositionen und entsprechende fest umrissene Ausschnitte größerer Kompositionen zu gelten, bei denen die Zusatzstimme zum Gerüstsatz durchgehend in Unterquarten zum Superius geführt wird. Diese Mittelstimme wurde nicht eigens niedergeschrieben; in den Quellen erscheinen mithin stets nur Superius und Tenor. Als Stichwort für die entsprechende dreistimmige Ausführung dient der Vermerk au fau(l)x bourdon oder ähnlich; er findet sich meistens beim Tenor, gelegentlich aber auch an anderer Stelle (Notenbeispiel 1 und Abb. 1).Notenbeispiel 1:Guillaume Dufay, Anfang der Postcommunio »Vos qui secuti estis« zur Missa Sancti Jacobi. Die Sterne bezeichnen die Cantus-firmus-Töne (nach R. Strohm 1993, S. 179f.)Abb. 1:Guillaume Dufay, Postcommunio »Vos qui secuti estis« zur Missa Sancti Jacobi (I-Bc, Q15, fol. 129v-130r)....