*19. Juli 1819 in Zürich, †16. Juli 1890 ebd., Schriftsteller und Maler. Der Sohn eines früh verstorbenen Drechslermeisters blieb bis zu seinem 42. Lebensjahr finanziell von der Mutter abhängig; von seiner Schwester Regula wurde er bis zu deren Tod 1888 versorgt. Zwangsläufiges Junggesellenleben und die erst spät einsetzende finanzielle Selbständigkeit mit dem Posten als Zürcher Staatsschreiber, d. h. Regierungssekretär, (1861–1876) bestärkten ihn in der Selbstwahrnehmung als ewiger Versager und Zuspätgekommener. Über den beliebten Verfasser jüdischer Dorfgeschichten Berthold Auerbach schrieb er anläßlich von dessen zweiter Ehe: »Wenn ich dächte, daß solches Ehegeschick den kleinen dicken Schriftstellern beschieden sei, so würde ich jedenfalls nicht mehr heiraten, denn ich werde schändlich dick, und als ich in Dresden war, jubelte Auerbach, nun sei noch ein kleinerer da als er, was aber gelogen war! Denn er war nicht größer als ich« (Brief vom 30. April 1857, in: GB I, S. 263). Kellers »miserabel witzelnde(r) Ton«, den er in der Nachschrift auch sogleich bereut, ist Indiz eines grundsätzlichen Leidens an sich selbst wie an der schweizerischen Enge, das durch längere Aufenthalte in München (1840–1842) und Berlin (1850–1855) nur notdürftig kaschiert wird.