I. Begriff
Artes liberales, seit Cicero (De inventione, I, 25, 35; 84 v.Chr.) nachweisbare Bezeichnung für eine Gruppe von Bildungsfächern, die auf Inhalten des griechischen Erziehungssystems (der ἐγκύκλιος παιδεία) fußen und als »freie« (liberales = ἐλευϑέριαι, im Sinn von: anständige, vornehme, edle) Wissensgebiete galten, weil sie sich, jedem banalen Erwerbszweck enthoben, für einen »freigeborenen« Bürger ziemten (»quia homine libero digna sunt«, Seneca d.J., Epistula 88, 2 [um 62 n.Chr.]). Dieser Funktion einer allgemeinen Bildung oberhalb von Elementarunterricht, doch unterhalb – und als Voraussetzung – des Studiums der Philosophie, verdanken die Fächer das Epitheton liberales, das sich trotz ihrer Wandlungen und trotz rivalisierender Adjektive (bonae, humanae, ingenuae) behauptete. Auch das Nomen artes (= τέχναι) wurde zuweilen durch disciplinae, doctrinae, scientiae oder studia ersetzt. Die seit ca. 1400 bezeugte, somit historisch legitime deutsche Übersetzung freie Künste muß vor Fehlassoziationen mit neuzeitlichen Kunstbegriffen seit dem 18. Jh. geschützt werden.